PEX 2010: Henning Fauser
Durch die Augen des Anderen
Henning Fausers deutsch-französische Geschichte ist eine ganz besondere. Angefangen hat sie an jenem Tag, an dem ein ehemaliger französischer KZ-Häftling in die Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge, die Hennings Mutter leitet, zurückkehrte. Da die Übersetzerin nicht da war und sonst kein Anwesender die deutsche Sprache beherrschte, musste er als Schüler mit seinen ersten Französischkenntnissen einspringen.
Die Übersetzungen häuften sich, seine Sprachkenntnisse wurden besser und der Kontakt mit Holocaust-Überlebenden über Briefe und Besuche wurde stets enger. Als später in Hennings interkulturellen Studien die Frage nach der gegenseitigen Wahrnehmung von Deutschen und Franzosen aufkommt, stellt er überrascht fest, dass er zum Thema „Deutschlandbilder ehemaliger französischer Deportierter“ nichts findet. Was als Recherche für die Seminararbeit beginnt, wird zur Bachelor- und in einer ausgeweiteten Version sogar zur Masterarbeit. Dafür wurde er nun mit dem DFH-Bärwolf Exzellenzpreis ausgezeichnet.
„Ich habe das Glück durch meine Arbeit viele faszinierende Persönlichkeiten kennen zu lernen“, freut sich der Student. „Spannend ist, dass diese sowohl extreme Tiefpunkte der deutsch-französischen Beziehung, wie auch die Freundschaft beider Länder erlebt haben“. Dieses Thema sei für ihn mehr als nur Geschichte – es gehe auch um philosophische Fragen, wie beispielsweise um Hass und Vergebung oder die Folgen des Zweiten Weltkrieges für die Wahrnehmung des Anderen in der heutigen Generation.Â
Sein binationales Masterstudium zwischen dem Frankreichzentrum der Universität Freiburg, der Ecole Normale Supérieure von Lyon und der Université Lumière Lyon 2 wertet er als hochinteressant, die Doppelbetreuung seiner Arbeit hat er sehr geschätzt: „Der eine Professor war Literaturwissenschaftler, der andere Historiker – dadurch hatte ich eine wirklich gute Unterstützung“. Nun will er das Thema noch weiter vertiefen – mit einer deutsch-französischen Doktorarbeit. Später möchte er in der Forschung und Lehre arbeiten, am liebsten in der Kulturwissenschaft: „Erinnerung, Gedächtnis, gegenseitige Wahrnehmung – das sind die Themen, die mich interessieren“.